Attraktivere Friedhöfe als „letzte Ruhestätten“ – Lahntal will mit der Zeit gehen

Diesem Thema widmete sich eine Bürgerversammlung am 26. April 2017 im Haus am Wollenberg in Sterzhausen, zu der Parlaments-Vorsitzender Dirk Geißler eingeladen hatte.

Vor gut gefüllten Stuhlreihen stellte zunächst Pfarrer Ralf Ruckert (Ev.-Luth. Kirchengemeinden Sterzhausen und Caldern) seine Gedanken zum Wandel der Bestattungskultur vor. Dazu haben gesellschaftliche Veränderungen, wie das oft weit verstreute Wohnen von früher zusammenlebenden Familienverbänden, ihren Teil beigetragen. Die persönliche Grabpflege wird dadurch immer problematischer, eine Vergabe aber oft zu teuer. So sind neue Wege wie Urnengräber, Wiesen- oder auch anonyme Wiesengräber oft diesem Umstand geschuldet.

 

Die Zahl der traditionellen Erdbestattungen geht auch in Lahntal kontinuierlich zurück. Der Anteil der Urnenbeisetzungen ist seit 2008 auf über 33 Prozent angestiegen Und mit Waldbestattungen ist seit 2001, als im nordhessischen Reinhardswald der erste FriedWald in Deutschland eröffnet wurde, eine weitere Variante der letzten Ruhestätte möglich geworden, die auch in Lahntal bei manchem Bürger Interesse findet.

Auf diesem Hintergrund hat, wie Bürgermeister Manfred Apell erläuterte, Lahntal ein Friedwaldkonzept erarbeitet, nach dem grundsätzlich eine Fläche in der Gemeinde und zwar in der Gemarkung Sterzhausen für eine Waldbestattung geeignet wäre.

Aber unabhängig von den von Pfarrer Ruckert ins Gespräch gebrachten Problemen eines Waldgrabes – Erreichbarkeit nur mit Auto – keine befestigten Wege direkt zum Baumgrab – problematisch bei abnehmender Beweglichkeit der Hinterbliebenen und schlechter Witterung – fehlende Pflege-/Gestaltungsmöglichkeit –zeigte der Bürgermeister andere, aber durchaus gravierende Folgen eines starken Rückgangs von „Friedhofsbestattungen“ auf:

Wenn die Zahl dieser traditionellen Bestattungsart zurückgeht, steigen automatisch die Kosten für den Erwerb einer Grabstätte auf einem Friedhof.

Immer größere Bereiche der Friedhöfe sind bereits heute unbelegt, müssen aber weiterhin durch den kommunalen Bauhof gepflegt werden. Insbesondere alteingesessene Bürger wünschen sich überwiegend eine regelmäßige Pflege Die Kosten der Unterhaltung steigen bei sinkenden Beerdigungszahlen und führen so zwangsläufig zu steigenden Beerdigungsgebühren. Bürger, deren Angehörige nicht mehr in Lahntal leben, tendieren inzwischen zu pflegeloseren Grabstellen und damit auch überschaubareren Beerdigungs- und Grabpflegefolgekosten.

Apells Fazit: Wir müssen unsere Friedhöfe auf den Prüfstand stellen, damit auch künftig die  Lahntalerinnen und Lahntaler eine letzte Ruhestätte in ihrer Gemeinde als „ihren Weg“ wählen.

Dazu stellte Gemeinde-Mitarbeiterin Dipl. Ing. Sigrid Woike unter dem Aspekt „neue attraktive Friedhöfe in Lahntal“ erste Überlegungen am Beispiel eines Konzepts der Gemeinde Wittstock vor. Dort soll der Friedhof zum Erlebnisraum werden, wie ein idyllischer Park, der zum Verweilen einlädt. Ein ambitioniertes Vorhaben, das sicherlich auch einiges kosten wird. Dieser Aspekt ist auch für mögliche Lahntaler Überlegungen von erheblicher Bedeutung.

Die Bestattungsvariationen in Lahntal haben sich in den letzten Jahren bereits erweitert. Auf den Friedhöfen werden folgende Arten von Grabstätten zur Verfügung gestellt:

  • Reihengrabstätten (Einzelgrabstätten) für Erdbestattung
  • Reihengrabstätten (Wahlgrabstätten) für eine Erd- und eine Urnenbestattung
  • Wahlgrabstätten (Doppelgrabstätten) für Erdbestattung
  • Urnenreihengrabstätten
  • Urnenwahlgrabstätten (bis zu 4 Urnenbeisetzungen)
  • Urnenstelen/ Urnenwände (zur Zeit bereits in Sarnau)
  • Tiefengrabstätten in den Ortsteilsfriedhöfen Caldern und Goßfelden
  • Pfleglose Grabstätten (Rasenreiheneinzelgrabstätte)
  • Sogenannte Baumbestattungen sind für einzelne Friedhöfe im Gespräch

Lahntal wird bei seinen Überlegungen zur Frage der Fortentwicklung der Bestattungskultur die Bürger weiter mit auf den Weg nehmen. Gefragt sind natürlich auch die Gemeindegremien, die Friedhofskommission und last, but not least: die Möglichkeiten des Gemeindesäckels.

Und was ein kleines Stimmungsbild am Ende der Bürgerversammlung zeigte: Auch das Thema „Friedwald“ ist in Lahntal durchaus noch in der Diskussion, betonte Bürgermeister Apell.